Neuer Standard API 682 für Gleitringdichtungen und Versorgungssysteme

Fast sechs Jahre Arbeit stecken in dem aktuellen Update des Gleitringdichtungs-Standards API 682, der mit der 4th Edition demnächst in Kraft tritt. Seit Einführung 1994 hat sich API 682 zu „dem“ Standard entwickelt, der bei Beschaffung und Betrieb von Dichtungs- und Versorgungssystemen für Zentrifugalpumpen im Öl- und Gasbereich sowie in der (Petro-)Chemie weltweit den Ton angibt.

API 682 – Welche wesentlichen Neuerungen bringt die 4th Edition?

Thomas Böhm, Head of Standardization – Divison Mechanical Seals & API Task Force-Mitglied und Markus Fries, Product Manager, EagleBurgmann GmbH & Co. KG, Wolfratshausen

Seit über 20 Jahre stellt EagleBurgmann konsequent sein Know-how bei der Weiterentwicklung der API-Vorgaben für die Auslegung von Dichtungssystemen bei Öl & Gas und in der (Petro)Chemie zur Verfügung. Weltweit sind über 21.000 API-Dichtungssysteme von EagleBurgmann im Einsatz. 

Das 1919 gegründete American Petroleum Institute (API), beschäftigt sich seit 1924 mit technischen Standards. Bis heute hat die API rund 500 Standards verabschiedet, die sich mit unterschiedlichsten Prozessen und Komponenten befassen und für ein Höchstmaß an Betriebs- und Prozesssicherheit sorgen. Einzelne Standards – auch das Regelwerk API 682 für Gleitringdichtungen und Dichtungsversorgungssysteme – sind so populär geworden, dass sie mittlerweile in branchenfremden Anwendungen referenziert werden. Da dies nie so gedacht war, weisen die Autoren der Neuauflage schon im Vorwort darauf hin, um was es bei API 682 tatsächlich geht: Um Dichtungssysteme in Pumpen der Öl & Gas- und (Petro-)Chemieindustrie.

API 682 – Benchmark seit Mitte der 90er

Ursprünglich wurden im Pumpenstandard API 610 erste Angaben über Gleitringdichtungen gemacht. Mitte der 90er Jahre entstand dann mit der API 682 ein eigener, umfangreicher Standard für Gleitringdichtungen und Versorgungssysteme. Typisch für den API-Standard 682 ist, dass er permanent von Praktikern aktualisiert wird. Weitere Besonderheit der API 682 ist, dass sie normativ nicht nur eine einzige technische Lösung zulässt. So listet das Regelwerk neben bewährten und getesteten Standardlösungen (Defaults), auch bewusst Alternativen (Options) – und lässt selbst maßgeschneiderte Lösungen (Engineered Solutions) zu.

Die Zielvorgabe der API 682 ist ein Dauerbetrieb des Dichtungssystems von mindestens drei Jahren (25.000 Betriebsstunden unter Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Emissionswerte bzw. bei max. ‚Screening Value’ von 1000 ppm vol, EPA Methode 21), erhöhte Betriebssicherheit und vereinfachte Wartung.

Codierungssystem – mit noch mehr Trennschärfe

Überarbeitet wurde mit der 4th Edition das Produkt-Codierungs-System. Fortgeführt werden die bewährten Klassifizierungs-Parameter „Category“, „Arrangement“ und „Type“. Sie stehen auch jetzt ganz vorne. Details zum Versorgungssystem – angegeben als „Plan“ – gibt es ebenfalls im alten wie im neuen Code. Neu ist das Hinzufügen von präzisen Angaben zur Materialauswahl und Wellendurchmesser. Damit wird der Code aussagekräftiger und es ist eine eindeutige Spezifikation der Gleitringdichtung und deren Fahrweise gewährleistet.

Mehr Präzision beim Auswahlprozess durch „Risk & Hazard-Code“

Der Auswahlprozess eines API-Dichtungssystems ist eine komplexe Angelegenheit. Auch in der Neu-Edition sind diesem Thema mehrere Flow Charts und Tabellen gewidmet, die sich über zehn Seiten erstrecken. Um mehr Präzision in die Bestimmung des Dichtungs-Arrangements zu bringen, wird in der 4. Edition erstmalig ein Schema nach dem „Risk & Hazard-Code“ eingeführt. Ausgangspunkt ist hier das Fördermedium, dessen reales Gefahrenpotential in „Material Safety Data Sheets“ durch „Risk & Hazard-Codes“ exakt erfasst und beschrieben ist. Schnell und sicher ist bei dem Auswahlschema erkennbar, ob eine einfachwirkende Dichtung (Arrangement 1) ausreicht – oder eine Doppeldichtung mit Sperrdrucksystem notwendig ist.

„Gelebter Standard“ – Praxiserfahrung zählt

Dass API 682 ein gelebter Standard ist, zeigt sich auch daran, dass mit der Neuauflage die beiden Siliziumkarbid (SiC)-Varianten „Reaction Bonded Silicon Carbide“ und „Self-Sintered Silicon Carbide“ gleichberechtigt als „Default“-Werkstoffe für Gleitflächen einsetzbar sind. Bislang war gesintertes SiC wegen seiner besseren chemischen Beständigkeit gesetzt bei Chemieanwendungen, während sich im Raffinerie-Bereich die reaktionsgebundene Variante durchgesetzt hat. Aufgehoben wurde diese Zuordnung aufgrund von praktischen Anwendungsbeispielen, die an die Task Force herangetragen wurden – und die Kurskorrektur auf den Plan rief.

Am intensivsten überarbeitet wurden Kapitel 8 und 9, in denen es um die Hardware für die Versorgungssysteme und die Instrumentierung geht. Hier erfolgte eine komplette Neugliederung, wobei das Thema jetzt dreistufig – und damit systematischer – abgearbeitet wird. Im ersten Block werden die Versorgungssysteme insgesamt vorgestellt. Anschließend werden die Bereiche Verrohrung sowie Komponenten behandelt.

Dichtungsversorgungssysteme für Plan 53 – 28 Tage ohne Nachfüllen

Zu den komplexeren Versorgungssystemen gehören die Pläne 53 mit druck-beaufschlagter Vorlageflüssigkeit, dem sogenannten Sperrmedium. Im Detail sind drei Bauarten möglich: Plan 53 A ist die Lösung mit dem konstruktiv geringsten Aufwand. Der Druck auf das Sperrmedium wird hier direkt durch die Gasbeaufschlagung – üblicherweise mit Stickstoff - im Behälter erzeugt. Der Anwendung sind jedoch Grenzen gesetzt, da höhere Sperrdrücke zu einer Lösung des Stickstoffs im Sperrmedium führen können. In der Folge besteht dann das Risiko einer Mangelschmierung im Dichtspalt der Gleitringdichtung. Deshalb sind höhere Sperrdrücke das Metier der Pläne 53 B und 53 C.

Während Plan 53 C mit einem mechanischen Druckübersetzer arbeitet und damit zu den aufwändigen Dichtungsversorgungssystemen zählt, kommt bei Plan 53 B eine besonders pfiffige Lösung zum Einsatz: Die Druckbeaufschlagung erfolgt über eine Elastomerblase im Behälter, die den Stickstoff von der Sperrflüssigkeit trennt. Eine Drucküberwachung mit Berücksichtigung der Temperatur im Blasenspeicher erfasst die Werte und übermittelt sie an die Leitwarte. Dort wird der Füllstand unter Berücksichtigung etwaiger Temperatureinflüsse errechnet und der richtige Zeitpunkt zum Nachfüllen der Sperrflüssigkeit bestimmt.

Neu in der 4th Edition ist ein vorgeschriebenes Nachfüllintervall von mindestens 28 Tagen. Der Flüssigkeitsbehälter muss somit groß genug sein, um über diesen Zeitraum die Dichtung sicher mit Sperrmedium zu versorgen. Um hier zu möglichst kompakten Behältern zu kommen, sind von den Dichtungsherstellern optimierte Systemlösungen mit minimalen Leckagewerten gefordert.

Außerdem sind die Pläne 03, 55, 65A, 65B, 66A, 66B und 99 neu in das Regelwerk aufgenommen worden.

Transmitter statt Schalter

Mit der 4th Edition erfolgt bei den Versorgungssystemen ein Wechsel zu modernen Transmittern. Diese sind zwar kostenintensiver als Schalter, übermitteln dafür aber kontinuierliche Messwerte. So kennt etwa die Leitwarte zu jedem Zeitpunkt den tatsächlichen Anlagenstatus und kann bei Unregelmäßigkeiten automatisch Alarm schlagen.

Überaus pragmatisch – und praxisnah – ist die Task Force auch das Thema Hitzebeständigkeit von Armaturen bei Versorgungssystemen angegangen. Gab es in der Vergangenheit häufig Debatten darüber, ob beispielsweise ein Versorgungssystem bei einer für 400 0C zugelassenen Pumpe mit Spezialarmaturen bestückt werden müsse, wurde die Temperaturspezifikation für die Instrumentierung jetzt auf praxisgerechte 100 0C limitiert. Bei höheren Temperaturen ist künftig eine spezielle kundenseitige Spezifikation vorgesehen.

Klarer gegliedert – besser zu verstehen

Zu den wesentlichen Verbesserungen – neben all den technischen Ergänzungen und Updates – gehört die klarere Gliederung des neuesten API-Regelwerks. Der Textteil wurde gestrafft und neu strukturiert, während technische Details und Hintergrundinformationen in den Anhang gestellt wurden.

Ein besonderes Detail der 4th Edition sind die neuen roten Stopfen, die bei Auslieferung in den Versorgungsanschlüssen des Dichtungsdeckels stecken. Diese Kunststoffverschlüsse sorgen dafür, dass kein Schmutz in die Dichtung eindringen kann. Im Betrieb werden die Anschlüsse entweder mit Rohrleitungen belegt oder die Kunststoffstopfen durch beiliegende Metallstopfen ersetzt. Schöner Nebeneffekt: API Dichtungen der 4th Edition lassen sich schnell durch die roten Stopfen identifizieren.

Vlnr: Die EagleBurgmann API Spezialisten Markus Fries und Thomas Böhm mit dem Modell einer neu entwickelten API Gleitringdichtung und dem entsprechenden Versorgungssystem nach API Plan 53B.

 

  

Vlnr: Die EagleBurgmann API Spezialisten Markus Fries und Thomas Böhm mit dem Modell einer neu entwickelten API Gleitringdichtung und dem entsprechenden Versorgungssystem nach API Plan 53B.

 

 

  

 

 

 

 


Die wesentlichen Neuerungen der API 682 4th Edition auf einen Blick:

Gleitringdichtungen

  • Anpassung Einsatzdrücke: 20 bar(g) Category 1, 40 bar(g) Category 2/3
  • Ausführliche Hinweise zu „Engineered Seals“
  • Kombination von „Seal Types“ in Arrangement 2/3
  • Definition Dampfdruckabstand
  • Übersichtstabelle zu internen Spaltmaßen
  • Auswahl SiC-Gleitwerkstoffs unabhängig von Category
  • Optionales Balgmaterial (Alloy 718) für Metallfaltenbalgdichtungen Type B
  • Zusätzliche Anforderung bei Gewindestiften zur Drehmomentübertragung
  • Neue Details zu Auswahl und Betrieb von druckbeaufschlagten Doppeldichtsystemen
  • Verkleinerter Mindestspalt im Bereich der internen Fördereinrichtung

Dichtungsversorgungssysteme

  • Transmitter anstelle von Schaltern
  • Alternative Arrangement-Auswahlmethode auf Basis von Risk & Hazard-Codes
  • Neue API-Pläne 03, 55, 65A, 65B, 66A, 66B, 99
  • Hydrostatische Niveaumessung bei Plänen 52, 53A
  • Temperaturmessung der Gasblase bei Plan 53B
  • 28-Tage-Nachfüllinterval bei Sperrdrucksystemen
  • Minimale Rohrwandstärken von 2,5mm bei Schweißverbindungen
  • Temperaturgrenzen für Instrumentierung

EagleBurgmann & API

EagleBurgmann ist einer der international führenden Anbieter industrieller Dichtungstechnologie, die in den unterschiedlichsten Branchen (u.a. Öl & Gas, Energie, Raffinerie, Chemie, Energie, Food, Wasser, Mining) zum Einsatz kommt. Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 6000 Mitarbeiter. 60 Tochterunternehmen und 250 Standorte stehen für globale Präsenz - und die damit verbundene Kundennähe. Das umfangreiche Produktportfolio reicht von ausgereiften Seriendichtungen bis zu anwendungsbezogenen Einzelkonstruktionen.

API-konforme Gleitringdichtungen und Versorgungssysteme nehmen im EagleBurgmann-Sortiment eine wichtige Stellung ein. Seit über 20 Jahre stellt das Unternehmen konsequent sein Know-how bei der Weiterentwicklung der API-Vorgaben für die Auslegung von Dichtungssystemen bei Öl & Gas und in der (Petro-)Chemie zur Verfügung – und ist in der API 682-Task Force aktiv. Weltweit sind über 21.000 API-Dichtungssystem von EagleBurgmann im Einsatz.